Für Ärzte

Standortanalyse für Arztpraxen

Wenn Sie eine Arztpraxis gründen oder übernehmen möchten, dann ist der Standort ein fundamentaler Faktor bei der Suche, weshalb eine umfassende Arztpraxis-Standortanalyse Ihrer Entscheidung vorangehen sollte.  Jede aussagekräftige Standortanalyse für Arztpraxen orientiert sich in erster Linie nach Zukunftswerten, also darum, was in Zukunft an freier Liquidität zur Verfügung steht.

Die eine „richtige“ Bewertungsmethode für solche Zukunftswerte bei der Beurteilung des Standortes gibt es nicht. Das kann auch die Wertermittlung des Standortes beim Kauf oder Verkauf einer Praxis einer problematisch machen, denn durch eine geschickte Auswahl der Prämissen und Standortanalyse-Faktoren lässt sich hier nahezu jeder beliebige Wert ermitteln und zu Gunsten des Käufers oder Verkäufers nutzen. Deshalb sollten Sie hier auf den richtigen Ansprechpartner setzen, der objektive Maßstäbe ansetzt. Eine verantwortungsvolle und seriöse Bewertung ist daran zu erkennen, dass sie immer eine Plausibilisierung eines Preises liefert. Doch auch dieser Preis kann für die Verkaufsverhandlungen nur eine grobe Orientierungsmarke darstellen. In diesem Beitrag beantworten wir Ihnen die wichtigsten Fragen zur Standortanalyse.

Warum ist eine Standortanalyse wichtig?

Die Standortanalyse einer Arztpraxis ist wichtig, weil der Standort Ihrer Arztpraxis einen signifikanten Einfluss auf den Erfolg Ihrer Praxis hat. Ein gut gewählter Standort kann dazu beitragen, dass Ihre Praxis leichter gefunden wird und mehr Patientinnen und Patienten anzieht. Ein schlecht gewählter Standort kann dagegen dazu führen, dass Sie weniger Patientinnen und Patienten haben und dementsprechend weniger erfolgreich sind.

Eine Standortanalyse für Arztpraxen hilft Ihnen, die Vor- und Nachteile verschiedener Standorte abzuwägen und den besten Standort für Ihre Praxis zu finden. 

Versorgungsgrad als Standortanalyse-Faktor

Eine erste Einschätzung zu den Umsatzpotentialen eines Praxisstandorts erhalten Sie durch die Darstellung der lokalen Konkurrenz und sogenannter “Zuweiser-Strukturen” in Relation zu den demografischen Daten. Die wichtigste Kennzahl ist hierbei der Versorgungsgrad. Der Versorgungsgrad einer Region wird ermittelt, indem das Ist-Niveau des tatsächlichen Einwohner-Arzt-Verhältnisses mit dem Soll-Niveau verglichen wird. Der Versorgungsgrad wird in Prozent ausgedrückt und dient zur Beurteilung der Versorgung in einer Region. 

Was Sie bei der Standortwahl beachten sollten

Bei der Standortwahl sollten möglichst viele Kriterien berücksichtigt werden. Der Ausgangspunkt einer Standortanalyse ist immer ein frei wählbares Postleitzahlgebiet. Zusätzlich ist ratsam, das weitere Einzugsgebiet zu betrachten. Hierbei kann man gezielt benachbarte Gebiete auf Basis von Patientenadressen oder alle angrenzenden Gebiete auswählen.

Bei der Analyse des Standorts werden verschiedene Teilbereiche der ausgewählten Postleitzahlgebiete mit Referenzregionen – beispielsweise die Bundesrepublik Deutschland oder das jeweilige Bundesland – verglichen. Berücksichtigt werden sowohl demografische Daten wie die Bevölkerungsstruktur nach Alter und Geschlecht, Durchschnittsalter für das aktuelle Jahr als auch eine Prognose für die Zukunft sowie wirtschaftliche und soziografische Merkmale. 

Welche Techniken der Standortanalyse gibt es?

Um eine Standortanalyse durchzuführen, sollten Sie sich auf eine Potenzialanalyse und reale, planbare Zahlen stützen. Das wirtschaftliche Potenzial eines Standorts mit all seinen Stärken und Schwächen lässt sich mit Hilfe der Kaufkraft, Einkommenskennziffern, Einkommen je Beschäftigten und Beschäftigungskennziffern darstellen. Zusätzlich runden die Zahlen zur Bevölkerungsstruktur von heute und die prognostizierte Bevölkerungssituation in 15 Jahren sowie die vorherrschende Haushaltsstruktur die Betrachtung ab. Bei der vorherrschenden Haushaltsstruktur wird geprüft, wie viel Quadratmeter Wohnfläche pro Person zur Verfügung stehen, wie viele Personen durchschnittlich in einem Haushalt leben und wie viele Single- und Kinderhaushalte es gibt. 

Wer sich nicht mit den gesamten Kriterien der Standortanalyse auseinandersetzen will, sollte als erstes das Fazit dieser Auswertung anschauen. Denn dort werden üblicherweise die wichtigsten Faktoren noch einmal in aller Kürze zusammengefasst. Das sind:

  • Arbeitslosenquote,
  • Durchschnittsalter,
  • Bevölkerungswachstum,
  • Kaufkraftindex,
  • Einkommen

und einige weitere Standortfaktoren. Mit diesen Angaben lassen sich Stärken und Schwächen sowie die damit verbundenen Chancen und Risiken für eine Arztpraxis auf einem Blick schon einmal grob einschätzen.

Standortanalyse bei der Praxiswertermittlung

Eine besondere Bedeutung hat die Standortanalyse bei der immateriellen Wertermittlung von Arztpraxen, dem sogenannten “Goodwill”. Denn mit ihr werden die oben erwähnten Patientenpotenziale im Einzugsgebiet, Bevölkerungsstruktur, Kaufkraft in der Region und im unmittelbaren Einzugsgebiet der Praxis, Lage der Praxis sowie die Konkurrenzsituation genau erfasst. 

Der Standortanalyse-Faktor “Goodwill” ist vereinfacht gesprochen das im übertragbaren Patientenstamm manifestierte Vertrauensverhältnis der Patienten zum abgebenden Arzt, welches mit dem Kauf auf den Erwerber oder die Erwerberin der Arztpraxis übertragen wird, so dass er darauf aufbauend zukünftige Einnahmen erzielen kann.  

Wie der Bundesgerichtshof 2011 bestätigt hat, gründet sich der “Goodwill” nicht ausschließlich auf der Basis der wirtschaftlichen Daten der Praxis, sondern ebenfalls auf immaterielle Faktoren wie Mitarbeiterstamm, Qualität des Standorts, Art und Zusammensetzung der Patienten, Konkurrenzsituation und weitere Faktoren, die auf einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin einer Arztpraxis übertragbar sind. 

Darüber hinaus gilt, dass bei der modifizierten Ertragswertmethode nicht nur die Erträge aus der Vergangenheit zu übernehmen, sondern auch die künftigen Erträge abzuschätzen sind. Und um künftige Erträge einschätzen zu können, ist eine Zukunftsprognose anhand einer detaillierten und umfangreichen Standortanalyse ein essenzieller Bestandteil der Wertermittlung.